Donnerstag, 19. Juni 2014

Kindheit heute und ... früher zu sagen lässt einen so alt wirken, also lieber ... vor der Smartphonezeit

Vor einigen Tagen habe ich einen Artikel gelesen, dass Grundschüler heutzutage so ausgeprägte motorische Schwächen aufweisen, dass das richtige Halten der Stifte und somit das Erlernen des Schreibens erschwert wird. Auch die Schreibschrift wird immer weniger genutzt, bzw haben immer mehr Schüler das Problem mit der geschwungenen Variante des Schreibens.

Dabei wurde doch die Schreibschrift vor noch gar nicht allzu langer Zeit von der lateinischen Ausgangsschrift in die vereinfachte Ausgangsschrift geändert. Dadurch sollte doch alles viel leichter werden, außer für die Eltern die genau zum Zeitpunkt der Änderung bereits ein Kind im schulpflichtigen Alter hatten und das zweite Kind dann eine ganz andere Schrift gelernt hat als das Erste.

Warum stellt sich dann über 10 Jahre nach der Einführung heraus, dass die Kinder immer weniger Schreiben können, bzw. ihnen nicht die Intelligenz sondern die motorischen Fähigkeiten fehlen?

Dass Kinder bis zum Schulalter zu immer weniger körperlicher Leistung in der Lage sind hat sich bereits vor über 30 Jahren abgespielt, als aufgefallen ist, dass immer weniger Kinder in der Lage waren Purzelbäume zu schlagen. Das klingt banal, war aber anscheinend ein wichtiger Schritt in eine Entwicklung, die dazu führt, dass Kinder zu immer weniger in der Lage sind, gleichzeitig aber immer mehr Fördermöglichkeiten geboten werden.

Ergotherapeuten dürften sich über diese Entwicklung wohl am Meisten freuen. Gab es sie vor 30 Jahren nur vereinzelt und eher für Menschen die durch Schlaganfall, Unfall oder Ähnliches eine eingeschränkte Motorik hatten, ist es heute normal, bereits im Kindergarten, spätestens in der ersten Klasse die Kinder an Ergotherapeuten, Logopäden und ähnliches zu verweisen um die Grundlagen für ein Gelingen der Schule und somit der weiteren Entwicklung zu schaffen.

Als ich mich öffentlich geäußert habe, dass mich diese Entwicklung nicht wundert, wenn Kinder heute bereits im jungen Alter vor Tablet, Fernseher und ähnliches geparkt werden, bekam ich gleich als Reaktion, dass sich Eltern heute sehr wohl um ihren Nachwuchs kümmern.

Ich möchte Eltern heute auch nicht verurteilen, dass sie sich zu wenig um ihren Nachwuchs kümmern. Sie kümmern sich zuviel. Sie nehmen Kindern die Möglichkeit selbst herauszufinden, wie man etwas macht. Es wird sich mit den Kindern hingesetzt und mit pädagogisch wertvollem Spielzeug das theoretisch nachempfunden, was Kinder draussen früher gelernt haben.

Es fehlt einfach die Möglichkeit, dass ein dreijähriges Mädchen stundenlang im Garten oder einer Wiese sitzt (ohne beschäftigt zu werden) und versucht aus Gänseblümchen eine Kette zu basteln. Oder dem fünfjährigen fehlt die Möglichkeit mit einem Taschenmesser zu hantieren und sich ein Spielzeug zu schnitzen oder auf Bäume zu klettern. Die Kleidung könnte ja schmutzig werden oder gar kaputt gehen. Das Kind könnte sich ja verletzten oder blaue Flecken bekommen.

ELTERN, DENKT AN EURE GRUNDSCHULZEIT! Gab es da auch nur einen einzigen Tag, an dem kein Kind aus der Klasse blaue Flecken oder Schürfwunden oder Schlimmeres hatte? Das waren Trophäen. Während sich heute Kinder an der Qualität der Smartphones und vor einigen Jahren an dem auf Spielkarten aufgedruckten Wert messen, bzw gemessen haben, hat sich die heutige Elterngeneration noch an der Größe der Wunden und deren Ursache gemessen. Ein blauer Fleck weil man mit dem Fahrrad gefallen ist war cool, aber ein aufgeschürfter Ellbogen weil man vom Baum gestürzt ist war noch viel cooler.

Kommt heute ein Kind mit blauen Flecken in die Schule oder den Kindergarten müssen die Eltern Angst haben, dass übereifrige Lehrer oder Kindergärtner gleich Kindesmisshandlung befürchten. Aber blaue Flecken sorgen doch erst für die richtige Entwicklung. Erst wenn ein Kind vom Baum fällt lernt es auch nach oben zu klettern und dann wiederum mit Stiften umzugehen. Schade nur, dass es in der heutigen Zeit von Überförderung der Kinder abgelöst wird und somit die Herausforderung, die der Nachwuchs benötigt vergessen.


Dafür hatte ich die schöne Erfahrung, einen jungen Mann kennenzulernen, der seine Kindheit auf Koh Samui verbracht hat, ohne die Förderung von Ergotherapeuten oder vorgefertigtem Förderspielzeug.
Er hat die beneidenswerten Fähigkeiten mit Hilfe eines kleinen Stöckchens, dass mit Steinen geschliffen wird Muscheln mit kleinen Löchern zu versehen, ohne dass diese kaputt gehen. Oder aber Blätter, die einem die Natur bietet auf dem Handrücken knallen zu lassen. Aber auch die Fähigkeit aus allem, was die Natur, bzw. Straßenabfälle (z.B. Blechdosen) hergibt, mithilfe in der Natur vorkommenden Befestigungsmöglichkeiten Spielzeuge, Autos, Flugzeuge zu bauen.

Ich hoffe und wünsche allen kleinen Erdenbürgern, die den Weg auf diese Welt finden, dass die Eltern in der Lage sind sich zurückzuerinnern und statt die Kinder mit Lernspielzeug zu überhäufen, diese in die Natur setzten und ihre eigenen Fähigkeiten erlernen lassen. Ansonsten wird sich wohl unsere Gesellschaft dahin verändern, dass jedes Kind erst einmal therapeutische Hilfe braucht um alltägliche Dinge meistern zu können.

Ein Armutszeugnis für unsere moderne Welt - modern und pädagogisch wertvoll ist einfach nicht alles. Raus gehen und einfach machen, das sollte unsere Zukunft sein.

(Erfreulicherweise gibt es auch junge Menschen, die auch im jugendlichen, bzw jungen Erwachsenenalter noch bereit sind, sich mit dem was die Natur bietet auseinanderzusetzen und versuchen mit ganz natürlichen Dingen das wieder in Ordnung zu bringen das Andere aus purer Langeweile und Unfähigkeit sich sinnvoll draussen zu beschäftigen, zerstört haben)

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