Samstag, 3. Mai 2014

Verwöhnte Einzelkinder und Mutter und Vater in Personalunion

Gut Ding will Weile haben, also habe ich diese auch gegönnt. Außerdem wird dieser und die nächsten Posts nicht, wie für mich typisch, direkt geschrieben und ungelesen gepostet sondern geschrieben, korrekturgelesen und dann erst formatiert gepostet. Bin selbst schon gespannt ob ich, wie zu Schulzeiten, beim Korrekturlesen Fehler einbaue, die vorher nicht da waren.

Schulzeit ist ein gutes Stichwort, denn unter anderem darüber möchte ich etwas los werden, auch über die Wichtigkeit des Schulweges, warum ich vermeintlich böse und kriminelle Jugendliche durchaus verstehen kann und meine Sicht auf „verwöhnte Einzelkinder“, die heute anders, aber deutlich mehr verwöhnt werden als zu meiner Jugend. Warscheinlich liegt das aber auch daran, dass es immer weniger Geschwisterkinder gibt.

Warum ich finde, dass Eltern trotz extremer Bemühungen, oder genau wegen dieser Bemühungen manchmal schlechte Vorbilder sind will ich heute loswerden.

Ein ganz offensichtliches Beispiel habe ich kürzlich beim Einkaufen erlebt, als ich beim Betreten des Supermarktes von einer laut kreischenden Frauenstimme mit den Worten „Habt ihr den A*** offen?!!!?!!!??!!!“ begrüßt wurde.
Die vermeintlichen Blödsinn machenden Freunde, die ich nach diesen Worten erwartete entpuppten sich dann als zwei Kinder im Grundschulalter, von denen der Größere sogar die Idee äußerte, vielleicht ADHS (ich kann es einfach nicht mehr hören) habe und deshalb die Mama so nerve. Von ihr wurde das ebenso kreischend abgewehrt wie die vorher genannte Aussage.

Das dieses Verhalten nicht unbedingt ruhige und ausgeglichene Kinder hervorbringt ist, denke ich, für Jeden nachvollziehbar. Weniger leicht erkennbar ist, dass das übereifrige Bemühen, seinen Kindern alles zu erleichtern nicht unbedingt gut tun um aus einem Kind einen selbstbestimmten jungen Erwachsenen werden zu lassen ist vielleicht schon schwieriger zu erkennen.

Immer mehr Eltern versuchen, vielleicht aus eigener schlechter Erinnerung oder um ihrem Kind etwas besonderes zukommen zu lassen, dafür zu sorgen, dass es auf keinen Fall einem anderen Kind gegenüber benachteiligt, wobei auch skurille Forderungen gestellt werden, wie das Ermöglichen eines Pferdes für sein Kind, wenn doch anderen Kindern und Jugendlichen eine Sport- und Spaßfläche ermöglicht wird. Trotz weniger Geburten und somit weniger Kindern wird für möglichst kurze Schulwege, Bustransfer im Gemeindebereich und vieles mehr gekämpft.

Dabei wird nicht bedacht, dass nicht alles, das uns in unserer eigenen Kindheit genervt hat wirklich schlecht war. Gerade was den Schulweg betrifft, habe ich erst als Mutter gelernt wie wichtig dieser eigentlich ist. Kinder und Jugendliche heute haben also viel weniger Bedarf als früher selbst für etwas zu kämpfen, da die Eltern das für sie übernehmen. Aber kann das gut sein für sein späteres Leben, wenn man selbst nicht die Möglichkeit hatte, sich etwas erkämpfen zu müssen oder auch einmal selbst den schwierigeren Weg wählen zu müssen?

Ein anderes, in der heutigen Gesellschaft vermehrt anzutreffendes Beispiel für zu gut gemeinte Erziehung ist, fehlende Familienmitglieder, besonders Elternteile ersetzen zu müssen. Zwar hört man häufig von anderen Alleinerziehenden, dass sie Vater und Mutter gleichzeitig sein müssen, aber in der Realität wird der fehlende Elternteil häufig durch übertriebene Fürsorge oder sogar übertriebenes Verwöhnen, vielleicht aus einem Schuldgefühl heraus. Aber genau das ist es doch, was das Kind nicht braucht.


Wenn ein Kind oder Jugendlicher zum Beispiel nur von der Mutter erzogen wird, ersetzt diese den fehlenden Vater doch nicht dadurch, dass der Sohn/die Tochter ständig ein neues Fahrrad, Skateboard, Spielekonsole oder ähnliches erhält. Ersetzen kann man den fehlenden Elternteil doch eher dadurch, dass man die eigene Rolle verlässt und sich wagt, einmal eine andere Rolle beim Erziehen einzunehmen. Das kann mit so einfachen Mitteln geschehen. Einfach einmal, statt Neues heranzuschaffen die vorhandenen Möglichkeiten zusammen mit dem Kind nutzen. Statt diejenige zu sein, die fürs Trösten zuständig ist, auch einmal wild sein, mit toben oder zum Fahrradmechaniker werden. Genau das ist es doch, was Kinder von Alleinerziehenden fehlt und nicht jemand, der Charakter durch Geschenke ersetzt, die wiederum den fehlenden Charakter benötigen würden.

Nach einem Sturz des Kindes beim Spielen einfach mal nicht nur die Person zu sein, die tröstet und die Wunde verpflastert, sondern die Person sein, die sagt, dass das nur halb so wild ist und erneute Versuche unterstützt. Sicher ist das ein Lernprozess der nicht jedem leicht fällt. Aber es ist deutlich günstiger als materieller Überfluss und bringt dem Nachwuchs viel mehr, als jemand zu sein, der sich selbst nie bemühen musste um etwas zu erreichen und somit den kleinen Kämpfern ,die mit zerschrammten Knien aufs Rad gesetzt und angetrieben wurden weiterzumachen, im späteren und vor allem beruflichen Leben häufig unterlegen zu sein.

Donnerstag, 1. Mai 2014

Mit 66 Jahren, ...

Die eigentliche Personengruppe, die ich heute berücksichtigen wollte ist ein wenig jünger, als die, denen ich mich tatsächlich widme. Aber aus aktuellem Anlass widme ich mich denen, die mehr Energie haben als jeder Berufstätige ab 40 und das gepaart mit viel zu viel Freizeit und somit keinem Zeitgefühl mehr. Rentner (im speziellen Fall kommt auch noch viel zu viel ungenutzte Energie dazu).

Wer kennt das nicht? Es ist Mittags, man möchte nur schnell im Supermarkt einen kleinen Imbiss und etwas zu trinken besorgen und dann ....
Zwischen Schülern, die sich ebenso in einer viel zu kurzen Mittagspause versorgen müssen stehen an den Kassen Rentner - und nicht gerade wenige. Jedesmal fragt man sich aufs Neue, warum diese denn nicht zu einem anderen Zeitpunkt einkaufen können anstatt den Berufstätigen und Schülern die Mittagspause zu versauen.

Auch Feiertage und Wochenenden stellen keine Freizeiten mehr da, Freizeit ist schließlich ständig. Da ich mit meinem Sohn im Haus meiner Eltern lebe, bekomme ich das natürlich tagtäglich mit und da die Familie schließlich zusammenhält heißt das auch für mich, immer und jederzeit wenn einem etwas einfällt, das zu tun ist muss das gemacht werden.

Nachdem bereits gestern Vormittag alles bei mir liegen bleiben musste, weil farblich passende aber nur in falscher Größe erhältliche Mückenschutzrahmen passend gemacht werden musste. Einer davon war auch noch falsch zusammengestückelt, so dass er im ersten Moment unbrauchbar war und auch die Gaze, die ja den Mückenschutz bieten soll nicht die richtige Größe hatte.

Heute morgen, am 1. Mai gegen 9.20 Uhr erfuhr ich durch unüberhörbares Hämmern, dass bereits neue Gaze im Haus ist und meine Mutter im Bademantel am Frühstückstisch versuche den noch leeren Rahmen zu bespannen. Also habe ich (schließlich hält die Familie ja zusammen) trotz noch fehlendem Frühstück mitgeholfen, in der Annahme, dass mit dem Bespannen des einen, fertigen Rahmens die Arbeit vollendet ist und ich frühstücken kann, leider war dem nicht so.

Noch immer in Bademantel fällt ihr ein, dass wir gerade am Arbeiten sind und somit gleich den zweiten, falsch zusammengesetzten Rahmen zerlegen und neu Zuschneiden (Metall) zusammenbauen, befestigen und bespannen können. Gut, dass mein Sohn das Frühstück sowieso verschlafen hat, pünktlich zum Mittagessen vorbereiten war ich dann wieder oben, wurde aber nach einer Weile wieder von meiner Mutter (mittlerweile fertig gemacht) angerufen, ob ich noch wisse, wie der Mückenschutz in der Toilette zu entfernen ist (eigentlich gar nicht mehr, da die Halterungen nicht wirklich auf den kleinen Fensterrahmen gepasst haben und ein Entfernen bzw wieder Einbauen nur mit Mühe und nur von außen möglich ist) und kurz darauf Entwarnung, sie hat es geschafft.

Den Wiedereinbau allerdings nicht. Den durfte ich von einer Leiter (zum Glück wohnen sie im Hochparterre) aus von außen erledigen, was nicht ohne Folgen blieb und eines der Befestigungsteile leicht gebrochen ist.

Den Bau eines identischen Rahmens wie in der Toilette für das Schlafzimmer (unter dessen Fenster sich eine Kellertreppe befindet) konnte ich ihr zum Glück ausreden sonst würde ich jetzt über der Treppe hängen und versuchen irgendwie den Rahmen in 4 außen am Fensterrahmen festgeschraubte Halterungen zu stecken.

Irgendwie hat doch jede Generation ihre Eigenheiten, aber im Grunde, ist die der Rentner doch viel anstrengender als die der Teenager.

In diesem Sinne noch einen schönen Restfeiertag und ich werde jetzt den Rest Sonne für heute genießen und zwar draußen, ohne störendes Mückenschutzgitter.

Fortsetzung meiner Beobachtungen über das Heranwachsen junger Menschen

Eigentlich hatte ich vor, in diesem Blog zu schreiben was mir gerade auf der Seele brennt oder mich aktuell zum Nachdenken bringt. Allerdings möchte ich den letzten Post nicht offen lassen, da er nur einen kleinen Teil von dem anschneidet, was ich wahrnehme, versuche umzusetzen und versuche, einzelne Bausteine zu einer Lösung zusammenzusetzen. Aus diesem Grund habe ich eine kleine, gedankliche Pause eingelegt um mich in den nächsten Posts ein wenig mehr mit dem Zusammenleben junger Menschen mit reiferen Menschen, dem verzweifelten Versuch das Schulsystem umzukrempeln und den vermeintlich bösen Jugendlichen zu beschäftigen.

Da es sich dabei um Texte handeln wird, die entgegen meiner eigentlichen Schreibweise nicht intuitiv verfasst werden, kann es sein, dass sie unregelmäßig zu lesen sein werden. Aber sogar bei der noch überschaubaren Anzahl an Lesern ist bereits meine durchaus ab und zu kontroverse Sichtweise zum Vorschein gekommen, so dass ich bemüht sein werde, meine für mich schlüssige Wahrnehmung so zu formulieren und mit Hintergründen zu versehen, dass es für jeden verständlich und nachvollziehbar wird.

Selbst für mich wird diese Art des Schreibens ungewohnt sein und muss wohlüberlegt formuliert werden um Mißverständnisse auszuräumen, so dass ich mir die Zeit nehmen werde, die mir als richtig erscheint.
Danach oder auch zwischendrin wird es weiterhin Posts geben, die Wiederspiegeln, worüber sich gerade meine Gedanken drehen.

Wie die nächsten Posts aussehen werden, welche Themen ich mir aussuche um sie genauer zu vertiefen, wird auch für mich spannend werden, daher werde ich erst einmal offline versuchen, alle Eindrücke, Bilder in meinem Kopf und was sonst noch wichtig ist, zu sammeln, zu ordnen um sie am Ende zu einem hoffentlich angenehmen Text zu verfassen.

Zwischendrin werde ich versuchen, mir die Zeit zu  nehmen hier etwas "aufzuräumen", die Formatierungen anzupassen, irgendwie herausfinden, wie man einen Newsletter einführt und mir Mühe geben, das hier als angenehm zu lesenden Blog zu gestalten.

Dienstag, 29. April 2014

Respekt, Altaaaa - oder die Jugend von heute

Die Überschrift alleine ist sicherlich für dein Ein oder Anderen ein Aufreger. Und nein, ich habe nichts gegen die Jugend von heute. Ich kenne Etliche und würde für einige von ihnen die Hand ins Feuer legen. Es sind allesamt wirklich nette Jugendliche. Aber dennoch ist die Jugend einen Aufreger wert.

Es wird geschimpft und gemeckert über die Jugend von heute. Allerdings wurde das auch über meine Jugend. Techno hören und in Diskos gehen (allerdings gehörte ich nicht zur Techno sondern zur Grunge-Jugend, was es für die reifere Generation nicht weniger schlimm gemacht hat. Aber auch meine Eltern waren eine schlimme Jugend, laute Musik hören und mit Miniröcken mit eingenähten Höschen rumlaufen, weil jeder darunter sehen konnte. Der Ärger der jeweiligen Zeit wird anscheinend immer auf die Jugend übertragen, die als Sündenbock herhalten muss.

Dennoch fällt mir immer öfter auf, dass Werte, allen voran der ständig überall gerufene Respekt nach und nach verloren gehen. Die Schuld möchte ich keinesfalls den Jugendlichen, bei denen es besonders auffällt geben. Sie sind nur der Spiegel der Gesellschaft, einer Gesellschaft, die sie geformt hat; durch Erziehung der Eltern, Wohngegend, dem Einfluss von Menschen aus der Umgebung und den Möglichkeiten mit denen man heute aufwächst.

Dass 10 Leute beisammen sitzen, die sich nicht unterhalten, weil jede(r) von ihnen in sein Smartphone blickt und gleichzeitig mit 10 weiteren Freunden Kontakt hält wirkt sicher auf den Einen oder Anderen befremdlich. Zu unserer Zeit hat es das nicht gegeben, dafür haben wir, Sony sei dank, begonnen unsere Ohren vor der Gesellschaft zu verstecken und waren mit Walkman unterwegs.

Aber auch wenn jetzt klar sein sollte, dass ich nicht zu denen gehöre, die die Jugend generell verteufelt, so muss ich dennoch einiges los werden. Immerhin hat sich das Benehmen und Verhalten zu dem früherer Jugendlicher geändert. Natürlich kommt die heutige Generation auf die Welt und beschließt, wir sind anders, wir sind unfreundlicher oder ähnliches. Dank der Möglichkeiten des Internets und vor allem des mobilen Internets leben Jugendliche heute definitiv anders als früher. Vielleicht gehen gerade durch den Mangel an gewollten oder ungewollten persönlichen Kontakten einige wichtige gesellschaftliche Regeln verloren, aber genau da sollte die Generation, die jetzt schimpft, zum Zug kommen und dafür Sorge tragen, dass das nicht verloren geht.

Doch auch für die Erziehung werden heute andere Maßstäbe gesetzt, so dass die Werte, die einem das Leben lebenswert und angenehm gestalten sollten einfach nicht bei der heutigen Jugend- und Kindergeneration einfach verloren geht.

Mittlerweile werden Kinder, kaum können sie laufen in Krabbelgruppen gesteckt, zum Kinderschwimmen und zur musischen Früherziehung geschleppt. Darauf folgen Musikunterricht und Sportvereine oder -kurse. Zeit für die eigentliche Erziehung und vor allem die Selbsterziehung, die unter anderem den Umgang untereinander lehrt bleibt kaum noch Zeit. Wenn wir noch nach der Schule oder den Hausaufgaben nach draussen gegangen sind und irgendwo jemanden zum Beschäftigen gefunden haben müssen bereits Grundschüler heute Termine 3 Wochen später vereinbaren weil der Terminkalender keinen früheren Termin hergibt.

Zu Zeiten in denen man noch draussen gespielt hat und sich zu beschäftigen gewusst hat, wurde man unfreiwillig auf genau solche Situationen aufmerksam, die einem den nötigen Respekt und die Achtung vor Anderen aufmerksam und konnte diese lernen. Heutzutage sind Kinder fast rund um die Uhr versorgt, bespaßt oder behütet, so dass keine Berührungspunkte mehr entstehen, die einem diese Art der Erziehung zukommen lassen.

Dadurch, dass sich unser Leben viel in der Gesellschaft abgespielt hat, haben wir mitbekommen, dass sich ältere Mitmenschen beim Verrichten der einfachsten Dinge schwerer tun als Jüngere. Durch diese Beobachtungen und Begegnungen musste uns niemand erklären, dass man im Bus ältere Menschen hinsetzen lässt, man hat er erlebt und gelernt. Dieses Erleben und Erlernen wird der heutigen jungen Generation durch die vielen Termine und Verpflichtungen genommen, was zur Folge hat, dass z.B. selbst ein Schulrucksack einen eigenen Sitzplatz im Bus braucht, während daneben eine reifere Person verzweifelt versucht irgendwie Halt am Stehplatz zu bekommen.

Und irgendwann kommt dann mit zunehmendem Alter der Zeitpunkt, an dem man keine Lust mehr auf das hat, dass einem die Eltern vorschreiben und man sich loslöst. Man befreit sich aus den gut gemeinten Terminen, Vereinen und ähnlichem, mit dem die Elten eine flächendeckende Betreuung und Verhinderung von Langeweile sichergestellt haben. Dann steht man da, in einer realen Welt, die man nur aus TV und Internet kennt und muss sich zurechtfinden. Mit der Zeit, die man ab dem Zeitpunkt des Loslösens hat, mit sich selbst und der Gesellschaft da draussen.

Da steht man dann und hat keine App, die einem sagt, 10 Meter vor einem auf der linken Seite befindet sich eine ältere Person, die Hilfe gebrauchen könnte. Bei dem Verspäteten die-Welt-entdecken ist mittlerweile leider kein Platz mehr auch noch so etwas zu entdecken. Auch wie man sich alleine beschäftigt, konnte nie erlernt werden, was zur Folge hat, dass man sich irgendwo alleine oder mit ebenso groß gewordenen Freunden hinsetzt und nichts, einfach gar nichts mit sich anzufangen weiß.

Dass genau das dazu führen kann, dass man vor lauter Langeweile zu Gewalttätigkeiten, Diebstählen oder sinnlosen Saufereien getrieben wird ist daher nur allzu nachvollziehbar.

Nein, ich möchte nicht die Jugend schlecht machen, sie ist nicht schlechter als zu meiner Jugendzeit oder sogar zu der meiner Eltern, ich möchte die Elterngeneration wachrütteln, ihren Kindern doch die Möglichkeit zu geben, das reale Leben frühzeitig kennenzulernen, damit Selbstverständlichkeiten wie Hilfsbereitschaft, Respekt voreinander und vor dem Alter und Ähnliches nicht erst in die Kinder und Jugendlichen hineingeprügelt werden muss, sondern sie die Möglichkeit haben es draussen, untereinander zu lernen.


Montag, 28. April 2014

Mein Tick - dein Tick (oder das Semmel-Phänomen)

Manche Menschen gibt es, die müssen zu ihren Macken stehen als wären sie eine Krankheit. Vielleicht sind sie es auch. Auffällig ist es, wenn jemand ständig nach irgendeiner Berührung Hände waschen geht oder auch der "Putzfimmel" ist ein Tick, der der Umwelt nicht verborgen bleibt.

Aber hat nicht eigentlich jeder Mensch mindestens einen "Tick"? Nur steht nicht jeder dazu, fordert aber eine Rechtfertigung von denen, deren Ticks ausgeprägter sind. Mit Sicherheit wird gerade irgendwo auf der Welt jemand von einem Mitmenschen schief angesehen, weil er etwas unerwartetes macht, oder einfach eine bestimmte Handlung wiederholt. Dafür muss er sich seltsame Blicke gefallen lassen und niemals würde es dem seltsam blickenden Beobachter einfallen, selbst nicht besser zu sein. Nicht einmal dann, wenn er das Haus betritt und erst einmal seinen Schlüssel exakt gerade ans Schlüsselbord hängen muss, weil ein schief hängender Schlüssel nicht in Ordnung ist.

Wieso verlangen wir Menschen, dass sich einige offenbaren, ihre Schwächen zugeben oder sogar öffentlich machen obwohl jeder von uns, aber wirklich ausnahmslos jeder, ähnliche Schwächen in anderer Form hat?
Man steht da, schüttelt den Kopf über jemanden, der versucht, beim Gehen keine einzige Fuge zwischen den Pflastersteinen zu berühren, holt sich seinen Coffee to go, rührt ihn zwei mal nach rechts und einmal nach links um, vergewissert sich, dass die Deckelöffnung genau über dem Logo des Bechers sitzt und würde niemals darauf kommen, dass das eben vollzogene Ritual nichts anderes ist, als das eben Gesehene.

Warum sehen Menschen gerne, was an Anderen vielleicht nicht stimmen könnte, weigern sich aber die eigenen Makel zu sehen, die nicht im Spiegelbild zu erkennen sind.
Gebt mir eine belegte Semmel (Brötchen für Nicht-Bayern) und ich bin gar nicht mehr in der Lage auf andere Menschen und deren vermeitliche Eigenheiten zu achten. Vielmehr bin ich damit beschäftigt die obere und untere Semmelhälfte so lange hin und her zu drehen, bis sie auch wirklich genau aufeinander passen und wehe, die Semmel wurde in einer Bäckerei oder Metzgerei in Massenabfertigung belegt, so dass die beiden Teile nicht zusammenpassen. Es ist mir immer wieder ein Rätsel, wie man dann überhaupt in eine Semmel beißen kann.

Eltern, besonders Mütter neigen gerne dazu die nicht ordentlich an ihrem Platz liegenden Haare des Nachwuchses mit einem Klecks Spucke zu bändigen (auch wenn sie es von den eigenen Eltern gehasst haben, es wird dennoch gemacht). Wieder Andere können das Haus erst verlassen, wenn wirklich alles ordentlich und glatt am Körper ist - und wehe, ein Band aus der Kaputze ist länger als das Andere.

Auch wenn das hier noch nicht viele Leute lesen, denkt doch bitte nach, bevor ihr schaut oder verurteilt - jeder, aber wirklich ausnahmslos jeder hat seine eigenen Macken um die es sich zu kümmern gilt, bevor auch nur ein einziger, kleiner Blick auf jemanden geworfen wird, bei dem sie vielleicht etwas auffälliger ausfallen.

Sonntag, 27. April 2014

Die Wichtigkeit der Mobilität

Nach einem faulen Freitag (ein Ereignis am Morgen hat mich mal wieder aus der Bahn geworfen und mir somit die Energie geraubt irgendetwas sinnvolles zustande zu bringen) und einem Wochenendsamstag melde ich mich jetzt mit dem Thema zu Wort, dass man noch kennen, wissen muss wenn man mich verstehen will, oder es zumindest versucht.
Immerhin bin ich um jeden Versuch und mein nicht immer jedem einleuchtendes Verhalten zu verstehen sehr dankbar. Damit das auch gelingt und man mich versteht sind die letzten und auch dieser Post nicht über die Gesellschaft, wie ich sie wahr nehme sondern über mich und meine Eigenheiten. Und genau zu diesen gehört mein kleiner Franzose (ein kleiner, wenn er nicht gerade schmutzig ist weißer Peugeot), der für mich Fahrzeug, Wohnzimmer mit Aussicht, Papamobil (oder auch Kapsel in der ich vor der Umwelt geschützt an der Außenwelt teilnehmen kann - dazu hoffe ich noch irgendwann einmal auf einen Gastkommentar oder zumindest Kommentar, derjenige weiß wer gemeint ist) und vor allem Fluchtauto.

Bevor man mich jetzt für einen Verbrecher halten könnte - ich muss nicht vor der Polizei oder ähnlichen staatlichen Organen flüchten, sondern vor der Gesellschaft, vor meiner Laune, vor dir und dir und vielleicht auch dir.
Manchmal (oder eher öfter) ziehe ich mich auch darin zurück, an den Waldrand, zum Sonnenuntergang betrachten oder ähnliches weil ich es einfach genießen kann, ein Stück über den anderen zu stehen und auf sie runter zu blicken und das geschützt in meinem Auto (meiner Kapsel) und alle Ängste die einfach ständig präsent sind bleiben draussen.

Es bietet mir auch die Möglichkeit, nicht über sondern mitten im Geschehen zu sein, die Gesellschaft aus der großen Menge heraus wahr zu nehmen ohne aktiv daran beteiligt zu sein und natürlich komme ich damit genau dort hin oder zur Arbeitsstelle, zum Einkaufen oder ähnlichem.
                                       Sonnenuntergang vom"mobilen Wohnzimmer-Rückzugsort aus"


Aber ein ganz wichtiger Punkt ist das Fluchtauto. Eine Fahrgemeinschaft zu irgendeinem Treffen, Fest oder Arbeitsstelle ist für mich absolut unmöglich. Um einigermaßen entspannt sein zu können muss einfach ein Fluchtauto in Reichweite stehen. Um überhaupt eine Veranstaltung, oder ähnliches Besuchen zu können, bietet mir nur das Wissen, dass ich jederzeit flüchten kann ein gewisses Maß an Sicherheit um mich überhaupt auf die Situation einstellen zu können. Falls es dann doch zu viele Menschen um mich sein sollten kann ich jederzeit flüchten. Oder aber falls ich einmal wieder damit beschäftigt bin die negativen Gedanken der anderen aufzusaugen um deren Stimmung oben zu halten, kann ich jederzeit mit all dem Negativen flüchten.

Um das zu verstehen muss ich ein wenig ausholen, aber ich denke, dass die Wichtigkeit die das Fahrzeug für mich darstellt bereits einigermaßen zu verstehen ist so dass ich mich den negativen Einflüssen auf Veranstaltungen eingehen kann.
Es war auf einer Wohnungseinweihungsfeier einer Freundin (ihre Tochter ist mit meinem Sohn zur Schule gegangen). Eine der wenigen, die weiß, dass ich mich dort nicht wohl fühle und die, was in unserer Gesellschaft alles andere als typisch ist, sehr gut damit umzugehen weiß. Von ihr ist kein, komm doch, es wird mich so freuen (was lediglich einen frustrierten Besuch verursacht, der von mir gemacht wird um keine Schuldgefühle zu haben) zu hören. Sie bietet mit an zu kommen, allerding bietet sie mir im selben Moment an auch wieder zu gehen und stellt sicher, dass ich jederzeit die Möglichkeit habe zu flüchten und ist vor allem auch nicht gekränkt, wenn diese Flucht ohne Abschied ablaufen sollte. Diese Art von Verständnis wäre überall und von jedem gut, leider verstehen sehr wenige Menschen, dass unter ihnen auch Leute leben, die eben genau diese Fluchtmöglichkeit brauchen.

Um natürlich so entgegenkommend reagieren zu müssen, musste sie erst einmal erfahren, dass es so nötig für mich ist und auch, dass sich bei mir (auch nicht nachahmenswerte Versuche, das mit Alkohol zu kompensieren sind kläglich gescheitert, haben es sogar verschlimmert) die Laune genau entgegengesetzt zu der der anderen Anwesenden verhält. Im Laufe des Abends/Tages gibt ja meistens ein Wort das nächste, so dass sich die Laune (üblicherweise Freude) der Beteiligten nach und nach in einigermaßen gleicher Geschwindigkeit nach oben steigt. In etwa der gleichen Geschwindigkeit und Intensität verändert sich auch meine Laune. Leider in die genau andere Richtung, so dass ich in den ersten Momenten noch einigermaßen die gleiche Laune habe wie jeder Andere, sich dies aber mit zunehmender Zeit auch immer weiter voneinander trennt, so dass dann eine Flucht meinerseits notwendig wird.

Da die besagte Freundin spirituell nicht uninteressiert ist hat sie auch ausreichend Lektüre darüber zu Hause und lebt dies auch offen aus. Und in genau einem dieser Bücher hat sie eine Passage gelesen, die ihr enorm half, mich zu verstehen und mir bei Einladungen die Möglichkeit gibt, zu kommen und zu gehen wie immer ich es für notwendig halte. Leider ist mir weder das Buch noch der exakte Wortlaut mehr bekannt, aber inhaltlich war es in etwa so:

Seit jeher feiert die Menschheit Feste und ebenso lange gibt es auf diesen Festen jemanden, dessen Aufgabe es ist, die negativen Gedanken und Gefühle der Anderen aufzusaugen, so dass für den Rest ein unbeschwertes Feiern möglich ist.

Anscheinend habe ausgerechnet ich mich dazu berufen gefühlt, genau diese Person zu sein. Es gibt sicherlich schöneres, aber auch schlimmeres, viel schlimmeres. Vielleicht schaffe ich es auch mit genau dieser Offenheit hier, dass mehr Menschen verstehen, dass nicht jeder auf Kommando gut gelaunt und entspannt sein kann - und erst Recht nicht in Verbindung mit Alkohol. Denn genau diese Akzeptanz würde es jemandem, der entweder in der Masse versinkt oder aber auch darüber schwebt, die Möglichkeit geben bis zu einem noch einigermaßen angenehmen Level am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, aber sich auch jederzeit daraus zurückziehen zu können.

Wenn das geschieht (und ich hoffe, hiermit einen kleinen Beitrag zu mehr Toleranz und Akzeptanz zu schaffen) muss mein kleiner Franzose vielleicht in Zukunft mehr als Fortbewegungsmittel statt als Fluchtauto oder "beschützter Raum" herhalten.